02. Jul 2025
Statement des Vorstands der Lebenshilfe Köln zu den von Bundeskanzler Friedrich Merz angedachten Einsparungen bei der Eingliederungshilfe.
Dieses Statement ist Teil eines Artikels des Kölner Stadt-Anzeigers. Sie können den Artikel hier lesen.
„Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder umgeht“ – dieses Zitat, das Gustav Heinemann zugeschrieben wird, verdeutlicht, wie problematisch die von Bundeskanzler Friedrich Merz angedachten Einsparungen bei derEingliederungshilfe sind.
Menschen mit Behinderung erhalten gesetzliche Leistungen für die im Grundgesetz garantierte,
bedarfsgerechte Unterstützung. In diesem Kontext hält Herr Merz die (Ausgaben-) Steigerungsraten von jährlich bis zu 10 % u. a. bei der Eingliederungshilfe für nicht länger akzeptabel. In seiner Rede beim Deutschen Kommunalkongress „Stadt. Land. Jetzt. – Starke Kommunen möglich machen“ am 3.6. sagt er: „Lassen Sie mich ein weiteres offenes Wort sagen. Wir werden auch eine umfassende Ausgabenprüfung vornehmen müssen, auch im Sozialrecht“. Die Botschaft ist klar und eindeutig – Geld sparen bei Menschen mit Behinderung.
Es wird suggeriert, dass Menschen mit Behinderung zu Unrecht Leistungen beziehen und zu viel Geld kosten. Die Kostensteigerungen der letzten Jahre sind jedoch in erster Linie auf die erhöhten Fallzahlen in der Eingliederungshilfe zurückzuführen. Diese sind eine Folge des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschrittes, der die Lebenserwartung auch von Menschen mit Behinderung erhöht. Außerdem tragen die allgemeine Kosten- sowie die Tariflohnentwicklung zu den Kostensteigerungen bei.
Dies sind auch Bundeskanzler Friedrich Merz bekannte Sachverhalte. Dennoch nutzt er den Bedarf von Menschen mit Behinderung als Einsparpotenzial. Umso mehr stellt sich auch uns die bereits Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt, geäußerte Frage, warum der Kanzler hier einen gefährlichen Diskurs über den Investitions-Wert von bestimmten Menschengruppen aufmacht.
Bundeskanzler Merz richtete sich an die Teilnehmer:innen des Kongresses noch mit den Worten: „Da müssen wir gemeinsam nach Wegen suchen, wie den zu Recht Bedürftigen genauso Rechnung getragen wird wie der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte“.
Nehmen wir ihm beim Wort: Sollten die Bundesregierung aus CDU und SPD sowie die Ministerien tatsächlich diese Wege der Kosteneinsparung suchen, sind zwingend auch Menschen mit Behinderung selbst zu beteiligen. Wir laden die Vertreter:innen aller demokratischen Parteien hier in Köln ein, sich ein ganz persönliches, authentisches Bild von den Lebenswirklichkeiten von Menschen mit Behinderung zu machen. Sprechen Sie mit Menschen mit Behinderung und deren Angehörige direkt – nicht ohne sie, über sie!
Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist kein Luxus – an ihr erkennen wir den Wert einer Gesellschaft – in diesem Fall ist es unsere Gesellschaft!
Statement des Vorstands der Lebenshilfe Köln,
Silke Mertesacker und Matthias Toetz,
24.6.2025