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Impfdebakel bei Menschen mit Behinderung in der Stadt Köln

Von Matthias Toetz

Kurz und einfach

In unserem Wohnhaus in Köln-Chorweiler leben überwiegend ältere Menschen. Viele sind schon in Rente. Für die meisten von ihnen wäre eine Corona- Erkrankung wahrscheinlich sehr gefährlich. Trotzdem wurde das Wohnhaus beim Impfen zuerst vergessen. Die Lebenshilfe Köln musste dafür kämpfen, dass die Bewohner gegen Corona geimpft wurden. Wir finden: Die Stadt Köln muss mehr an Menschen mit Behinderung denken. Dafür werden wir uns auch weiter einsetzen.

Noch immer sind wir fassungslos und wütend, wenn wir an das Impfchaos Anfang dieses Jahres zurückdenken. Ein so unkoordiniertes Vorgehen der Stadtverwaltung in Bezug auf die Organisation der Corona-Impfungen hätten wir nicht für möglich gehalten.
Unsere Aussage aus dem Kölner Stadtanzeiger vom 14.04.2021 „Es geht hier um Leben und Tod – und wir werden buchstäblich zu Tode verwaltet“ bringt es auch mit dem zeitlichen Abstand auf den Punkt.

Lassen wir den Ablauf noch einmal Revue passieren:

Januar 2021

In den Sozialbetrieben der Stadt Köln (SBK) und in den Einrichtungen der Caritas, die in Köln neben Einrichtungen der Behindertenhilfe auch Seniorenheime betreiben, werden alle Bewohner mit Behinderung und alle Mitarbeiter geimpft.
Wir werden von der Stadt immer wieder aufgefordert, Listen zu erstellen, mal Listen von Kunden, mal von Mitarbeitern , mal beide Gruppen zusammen, dann wieder getrennt nach stationär, ambulant, besondere Wohnform, anbieterverantwortete, selbstverantwortete Wohngemeinschaften.
Wir schicken Listen an das Gesundheitsamt, an das Impfzentrum, an die Ethikkommission, an die Heimaufsicht und dann wieder an das Gesundheitsamt…

Februar 2021

Inklusiv Wohnen Köln wendet sich an Frau Bruns von der WDR Lokalzeit – daraufhin fährt Herr Dr. Zastrow persönlich in dem Wohnprojekt vorbei und impft vor den laufenden Kameras.

Wir werden weiter aufgefordert Listen zu schicken.

März 2021

In einem Wohnheim der GWK in Köln stirbt ein 62-jähriger Mann mit Behinderung an Corona.
Mehrere Organisationen, u.a. die Diakonie Michaelshoven, die GWK, die Lebenshilfe Rodenkirchen, wenden sich mit uns gemeinsam in einem dramatischen Appell in Bezug auf die Impfsituation in den Einrichtungen der Behindertenhilfe an die Stadt. Die Reaktion der Stadt Köln: Wiederum die Aufforderung Listen zu erstellen. Wir erhalten immer noch keine Information, wann, wie und wo geimpft wird.

Kontakte 2021
Kontakte 2021


Am 17.03. wenden wir uns an den Kölner Stadtanzeiger. Die Reaktion der Stadt Köln: Die erneute Aufforderung Listen zu erstellen.

April 2021

Immer noch sind Menschen in unseren Einrichtungen, insbesondere in unserem Wohnhaus, in dem überwiegend Senioren mit unterschiedlichen Vorerkrankungen leben, nicht geimpft.
Wir wenden uns ein zweites Mal an den Kölner Stadtanzeiger. Unsere deutlichen Worte zeigen Wirkung. Wir erhalten viele positive, bestärkende Rückmeldungen.
Die Stadt – inklusive Heimaufsicht – schweigt aber weiter. Erst ein Anruf bei Reinhard Zöllner, Bezirksbürgermeister von Köln-Chorweiler, bringt Bewegung in die Sache.
Er erkennt den Ernst der Lage und schaltet Prof. Dr. Höpp von der Uniklinik Köln ein. Dieser ist fassungslos und setzt sich persönlich bei dem leitenden Kölner Impfarzt, Herrn Dr. Zastrow, für uns ein.

17. April 2021

Dr. Zastrow führt mit seinem Team eine Impfaktion in unserer Wohnstätte in Chorweiler durch – mehr als drei Monate später als bei der SBK und Caritas.

Fazit und Auftrag:

2019 haben wir mit vielen Aktionen unser 60jähriges Jubiläum gefeiert. „Lebens(t)räume erobern“ war unser Motto. Ein Flashmob auf der Domplatte, ein großes buntes Sommerfest, eine coole Party in Ehrenfeld, ein ganz selbstverständliches Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung.
Unsere Schirmherrin Oberbürgermeisterin Reker schrieb im Grußwort unseres Jubiläumsmagazins: „Die inklusive Stadtgesellschaft, das uneingeschränkte Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung ist unsere Vision und unser Plan. Daran wollen wir gemeinsam unermüdlich weiterarbeiten“. Wir wähnten uns auf einem guten Weg.

Dann kam die Corona-Pandemie:
Bei Besuchsverboten und Kontakteinschränkungen waren die Personen in der Eingliederungshilfe, gerade auch in den Wohngruppen/ -projekten, immer an erster Stelle. Mit tiefgreifenden emotionalen Herausforderungen für Eltern/ Angehörige und Menschen mit Behinderung weit über der Zumutbarkeitsgrenze. Dieses Erleben hat Spuren hinterlassen und das Vertrauen in den politischen Entscheidungsträger nachhaltig gestört. Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen fühlten sich, oft zurecht, völlig vergessen. Und dann erlebte diese Personengruppe ein Versagen der Stadt Köln beim Impfen.

Bis heute haben wir von Seiten der Stadt Köln weder auf die Presseartikel noch auf unsere zahlreichen Mails eine Reaktion oder gar Entschuldigung erhalten. Es entsteht der Eindruck, dass die Verwaltung abgetaucht ist, keiner übernimmt die Verantwortung und es gibt nicht den Ansatz eines Problembewusstseins.

Sicherlich war und ist die Corona-Pandemie eine riesige Herausforderung und das Organisieren der Impfungen – in einer Phase, wo der Impfstoff noch „Mangelware“ war – zählte mit Sicherheit zu den schwierigsten Aufgaben.

An dieser Aufgabe ist die Stadt Köln kläglich gescheitert. Vielleicht lag es an der Größe dieser Stadt, vielleicht an den nicht klar definierten Zuständigkeiten in der Stadtverwaltung, vielleicht auch „nur“ an der Unkenntnis über die Vielfalt und die Quantität der Personengruppe „Menschen mit Behinderung“ in dieser Stadt…

Als Verein für Menschen mit Behinderung ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass dieses Versagen aufgearbeitet wird. Es geht uns nicht um die Forderung nach persönlichen Konsequenzen für die handelnden Personen. Aber wenn das Ziel einer inklusiven Stadtgesellschaft ernst gemeint ist, muss die Stadt sich mit diesem Impfdebakel auseinandersetzen, damit sich eine derartige Katastrophe nicht wiederholt.

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