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Eltern als gesetzliche Betreuer - Eine große Verantwortung

Von Annette Lantiat 

Kurz und einfach 

Annette Lantiat und ihr Mann sind die gesetzlichen Betreuer für ihre Tochter Hannah. Sie müssen wichtige Entscheidungen für ihre erwachsene Tochter treffen. Das ist eine große Verantwortung. Sie müssen sich immer wieder fragen:
Welche Entscheidung ist die beste für Hannah? Wie können wir
sie unterstützen, möglichst gut und selbstbestimmt zu leben?

Viele von uns Eltern übernehmen die rechtliche Betreuung für unsere erwachsenen Kinder. Wir Eltern sind unseren Kindern lebenslang eng verbunden. Wir fühlen uns verantwortlich und möchten unsere Kinder bestmöglich unterstützen und begleiten. Aber was bedeutet eigentlich „Rechtliche Betreuung“? Und wie treffe ich die „richtigen“ Entscheidungen?

Als Mutter und gesetzliche Betreuerin unserer 27-jährigen Tochter Hannah, die sich sprachlich
nur sehr eingeschränkt äußern kann, habe ich mich mit diesen Fragen schon viel beschäftigt.
Ich bedauere, dass Eltern für diese schwierige Aufgabe nur wenig Unterstützungs- und Austauschangebote zur Verfügung stehen.

Ich bin in der glücklichen Situation, die Betreuung gemeinsam mit meinem Mann auszuüben. Wir können uns vor Entscheidungen abstimmen und gegebenenfalls gegenseitig als Korrektiv wirken. Denn es ist nicht immer eine einfache oder eindeutige Aufgabe, zum Wohle bzw. gemäß den Wünschen unserer Tochter zu
handeln, insbesondere weil sie sich zu ihrer Lebensplanung kaum äußern kann.

Nehmen wir zum Beispiel Hannahs Auszug in eine Betreute Wohngemeinschaft vor nunmehr fünf Jahren. Die Entscheidung, nach einem passenden Wohnangebot zu schauen und den Auszug anzubahnen, entsprach nicht Hannahs Wunsch. Sie war nicht in der Lage, sich ein Leben außerhalb des Elternhauses vorzustellen. Alles nicht Vertraute war und ist für sie erst einmal beängstigend und bedrohlich. Wir Eltern und gesetzliche Betreuer bewerteten die Situation aber anders. Aus unserer Sicht war die Vorbereitung des Auszugs unserer Tochter aus mehreren Gründen erforderlich. Am Wichtigsten war und ist es für uns, Hannah ein möglichst unabhängiges und selbständiges Leben zu ermöglichen und sie dabei bestmöglich zu begleiten. Glücklicherweise konnten wir den Auszug so langfristig vorbereiten und anbahnen, dass schließlich auch Hannah den Gedanken akzeptiert hatte und sogar eine gewisse Vorfreude verspürte. Aber auch wenn uns das nicht gelungen wäre, hätten wir unseren Plan durchgezogen. Haben wir hier in
unserer Funktion als gesetzliche Betreuer richtig gehandelt?


Eltern als gesetzliche Betreuer
Eltern als gesetzliche Betreuer

Als gesetzliche Betreuer in allen Bereichen entscheiden wir auch über Hannahs Gesundheitsversorgung. Sie hat panische Angst vor Ärzten und noch mehr vor Spritzen. Wenn es nach ihr ginge, würde sie nie zum Arzt gehen. Und glücklicherweise ist sie kaum krank. Wir reduzieren Arztbesuche auf ein Mindestmaß.

Corona-Impfungen ließen sich aber aus unserer Sicht nicht vermeiden, da wir Hannah weiterhin die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen wollten. Wir haben wieder versucht, sie durch ausführliche Vorgespräche ins Boot zu holen. Wir haben aber auch Vorkehrungen getroffen, um sie zur Not bei der Impfung festzuhalten. Glücklicherweise war das letztendlich nicht nötig, sie hat sich freiwillig impfen lassen.

In unserer Funktion als gesetzliche Betreuer treffen wir diese schwerwiegenden Entscheidungen eigenmächtig. Eine Kontrolle findet kaum statt. 

 Einmal im Jahr müssen wir einen formlosen Betreuungsbericht an das Amtsgericht schicken und alle sieben Jahre muss die Betreuung beim Amtsgericht neu beantragt werden, in diesem Verfahren wird dann auch Hannah angehört. Sie ist aber nicht in der Lage, einem unbekannten Richter gegenüber eventuelle Zweifel zu äußern. Vermutlich würde sie noch nicht einmal erkennen, wenn wir unsere Befugnisse missbrauchen. Manchmal erschreckt es mich, wie viel Macht wir – zumindest theoretisch – über unsere erwachsene Tochter mit Behinderung haben. Hätten wir beispielsweise entschieden, dass sie bis an unser Lebensende bei uns wohnen bleibt, hätte ihr Leben einen ganz anderen Verlauf genommen. Oder in Bezug auf die ärztliche Versorgung: Im Moment verzichten wir auf regelmäßige frauenärztliche Vorsorgeuntersuchungen, um Hannahs und unsere Nerven zu schonen. Und wenn jetzt eine Erkrankung übersehen wird?

Mit ihren begrenzten Möglichkeiten der Kommunikation muss sich Hannah letztendlich unseren Entscheidungen beugen. Nach bestem Wissen und Gewissen nutzen wir unser Amt, um Hannah ein möglichst gutes und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Aber die Verantwortung, richtige Entscheidungen im Sinne unserer Betreuten zu treffen, wiegt schwer.

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