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Wenn Menschen mit Komplexer Behinderung älter werden

Ein Beispiel aus dem Wohnhaus der Lebenshilfe Köln in Chorweiler

Von Lara Bornefeld

Kurz und einfach

Unser Wohnhaus gibt es seit 40 Jahren. Viele Menschen, die hier wohnen, sind schon alt. Deswegen brauchen sie mehr Betreuung und Pflege. Das ist eine große Herausforderung für die Mitarbeiter:innen. Aber die Arbeit macht viel Freude, denn sie sind ein gutes Team und bekommen viel Unterstützung.

Das Wohnhaus Netztestraße feiert dieses Jahr 40-jähriges Bestehen. Insgesamt leben 30 Menschen mit Behinderung in dem roten Backsteinhaus im Norden von Köln.

Im Wohnhaus arbeitet ein multiprofessionelles Team aus mehr als 60 Mitarbeiter:innen. Ihre Tätigkeiten umfassen Arbeitsbereiche wie pädagogische Betreuung, Pflege, Hauswirtschaft und Verwaltung.

Über ihren Arbeitsalltag sprechen wir mit zwei langjährigen Mitarbeiter:innen. 

Jeanette Janz ist seit 20 Jahren bei der Lebenshilfe Köln tätig, aktuell ist sie die stellvertretende Leitung der Wohnangebote in Köln Chorweiler.

Ijeoma Anozie ist Heilerziehungspflegerin und arbeitet seit neun Jahren im Wohnhaus. Seit vier Jahren ist sie Fachbereichsleitung für die untere Etage im Wohnhaus Netzestraße.

Komplexe Behinderung im Alter

Das Wohnhaus wurde 1982 mit 40 Wohnplätzen in Einzel- und Doppelzimmern eröffnet.

Seit 2016 leben alle Bewohner:innen in Einzelzimmern. Im Zuge von Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten wurden die Bäder an die Bedarfe der älter werdenden Bewohner:innen barrierefrei angepasst.

„Einige unserer Bewohner:innen leben seit der Eröffnung des Wohnhauses hier. Obwohl zwischenzeitlich natürlich auch schon jüngere Menschen eingezogen sind, liegt der Altersdurchschnitt bei ca. 60 Jahren“, berichtet Jeanette Janz. Für diesen Personenkreis entstand bereits 2009 die Tagesstruktur, ein gruppenübergreifendes Angebot zur Freizeitgestaltung für Rentner:innen in den Räumlichkeiten
des Wohnhauses.

Mit zunehmendem Alter der Bewohner:innen nimmt die Intensität der Betreuung zu, weiß Ijeoma Anozie: „Die Menschen werden gebrechlicher. Sie benötigen mehr Unterstützung im Alltag. Viele haben altersbedingte Krankheiten wie beispielsweise Diabetes oder hohen Blutdruck. Besonders demenzielle Veränderungen sind ein großes Thema.“

Nicht nur hinzukommende Krankheiten machen die Arbeit im Wohnhaus komplexer. Auch der Kontakt zu Angehörigen und gesetzlichen Betreuer:innen wird intensiver. „Mit den Angehörigen bzw. den gesetzlichen Betreuer:innen stehen wir in engem Kontakt, besonders wenn sich die Bedürfnisse der Bewohner:innen verändern oder ihr Gesundheitszustand sich verschlechtert. Medizinische Maßnahmen müssen abgestimmt werden. Das ist unter Umständen eine schwierige Aufgabe für alle Beteiligten“, sagt Ijeoma Anozie.

Jeanette Janz fügt hinzu, dass es leider auch Grenzen für die Versorgung von erkrankten und/oder alten Menschen mit komplexen Behinderungen gibt. Eine intensivmedizinische Versorgung ist im Wohnhaus nicht möglich. „Aber diese Notwendigkeit haben wir glücklicherweise sehr selten“, betont sie.

Wenn Menschen mit Komplexer Behinderung älter werden
Wenn Menschen mit Komplexer Behinderung älter werden

Wenn sich der Gesundheitszustand eines Bewohners kritisch verschlechtert, arbeiten die Mitarbeiter:innen des Wohnhauses eng mit dem SAPV Team (Spezialisierte Ambulante Palliativ Versorgung in Köln), einem Ambulanten Hospizdienst, den behandelnden Ärzten und den gesetzlichen Betreuer:innen zusammen.

„Die Menschen dürfen hier sterben. In den letzten Jahren gab es natürlich ein paar Abschiede“, berichtet Jeanette Janz. Mit dem Thema Sterben und Trauer beschäftigen sich die Mitarbeiter:innen des Wohnhauses intensiv. Es gibt eine Fachkraft für Palliative Care, deren Aufgabe es ist, die Teams in diesen besonderen Phasen zu unterstützen und zu befähigen, den psychischen und sozialen Bedürfnissen der
Erkrankten in der letzten Lebensphase gerecht zu werden. Es gibt viele Rituale und Orte, die den Mitbewohner:innen, Mitarbeiter:innen und Angehörigen den Abschied erleichtern, zum Beispiel ein Trauer-Café und einen Gedenkstein im Garten.

Ijeoma Anozie erinnert sich an den Tod einer Bewohnerin: „Das war ein schönes Sterben – wenn man das sagen kann. Alles war vorbereitet, denn wir wussten, dass sie an diesem Tag gehen wird. Die Schwester war da, wir Betreuer waren da, die Mitbewohner wurden informiert, also das war einfach ein schönes Gehen. Es war zwar erschreckend aber auch ergreifend, den letzten Atemzug von dem gern gemochten Menschen zu erleben.

Kein Job wie jeder andere

Einige Mitarbeiter:innen arbeiten seit vielen Jahren, teilweise seit Jahrzehnten, im Wohnhaus. So wird sichergestellt, dass im Lauf der Jahre erworbene Fachlichkeit erhalten bleibt und weitergegeben wird. Vier Mitarbeiter:innen feiern dieses Jahr sogar ihr 25 bzw. 20-jähriges Dienstjubiläum. Auf der anderen Seite profitiert die Arbeit von neuen Mitarbeiter:innen, die immer wieder die Erfahrung der langjährigen Kolleg:innen ergänzen. „Wir unterstützen und schulen uns gegenseitig, wir sind sehr kommunikativ untereinander. Mittlerweile haben wir sehr viel Erfahrung, die wir untereinander weitergeben“, sagt Frau Anozie.

Eine delegierende Behandlungspflegefachkraft unterstützt bei veränderten Pflegebedarfen. Sie berät bei benötigten Hilfsmitteln und gibt Schulungen.

Selbstverständlich stehen auch immer wieder externe Schulungen und Weiterbildungen auf dem Programm, sowohl für einzelne Mitarbeiter:innen als auch für ganze Teams. In diesem Jahr wird beispielsweise eine zweitägige Fortbildung zum Thema „Demenzielle Veränderungen bei Menschen mit geistiger Behinderung“ angeboten.

Trotz der Herausforderungen lieben Jeanette Janz und Ijeoma Anozie ihren Beruf.

„Für das Arbeitsfeld benötigt man eine gute Mischung aus fachlicher Kompetenz und einer positiven Haltung gegenüber Menschen und dem Leben. Ohne Leidenschaft geht es nicht“, erklärt Jeanette Janz.

Auf die Frage, was das Schönste an ihrem Job sei, kommt Ijeoma Anozie kaum aus dem Lächeln heraus: „Es sind die kleinen alltäglichen Dinge, die einem Freude bereiten. Ein nettes Lächeln, eine herzliche Begrüßung, das gesamte Zwischenmenschliche – sowohl im Kollegium als auch bei den Bewohner:innen – ist etwas ganz Besonderes. Man bekommt so viel zurück, ich wüsste nicht, wo es das sonst im Beruf gibt.“

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