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Eltern als gesetzliche Betreuer − Eine Lebensaufgabe

Das Interview führte Annette Lantiat

Kurz und einfach

Frau Pietka ist die gesetzliche Betreuerin von ihrem Sohn Jakob. Jakob ist 34 Jahre alt und hat eine Schwerst-Mehrfachbehinderung. Obwohl Jakob in einer Wohneinrichtung lebt, ist er jedes
Wochenende bei seinen Eltern. Weil es in seiner Wohn-Einrichtung am Wochenende kein Freizeit-Programm gibt. Frau Pietka muss viele Dinge für Jakob regeln. Zum Beispiel mit dem Sozialamt
und mit der Krankenkasse. Frau Pietka sagt: Das ist eine Lebensaufgabe.

In der letzten Ausgabe unserer Kurzmitteilungen „direkt“ baten wir unsere Mitglieder, uns über ihr
Leben mit ihren Angehörigen mit Komplexer Behinderung zu berichten.

Daraufhin meldete sich Dorota Pietka. Ihr 34-jähriger Sohn Jakob hat eine Schwerstmehrfachbehinderung
und braucht im Alltag viel Betreuung und Pflege. Seit 14 Jahren lebt er in einer Wohneinrichtung in Düsseldorf. Die Eltern sind vor langem von Köln nach Dormagen gezogen, der Lebenshilfe Köln aber weiterhin treu geblieben.

„Ich muss mich seit 34 Jahren bei den Ämtern durchschlagen, da ist mir jetzt der Kragen geplatzt
und ich wollte meinem Ärger Luft machen“, sagt Frau Pietka. Sie beklagt die zahlreichen bürokratischen Hürden im Alltag, die für Eltern und gesetzliche Betreuer von Menschen mit Komplexer Behinderung kaum zu stemmen seien. Diese Belastungen seien durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) noch größer geworden. „Die Idee des BTHG ist okay, aber für uns Eltern ist es zusätzlicher Aufwand.“ Als Frau Pietka nach Einführung des BTHG erstmals Grundsicherung für ihren Sohn beantragte, bekam er zunächst nur 20 Euro im Monat, weil fälschlicherweise das Kindergeld abgezogen wurde. Und obwohl eindeutig das Sozialamt den Fehler gemacht hatte, musste Familie Pietka Widerspruch gegen den Bescheid einlegen. „Das finde ich unmöglich in so einer Situation. Anstatt mit Jakob spazieren zu gehen, schreibe ich wieder einen Widerspruch“, empört sie sich.

Jakob Pietka
Jakob Pietka
Herr Pietka sitze in einem Sitzsack und lächelt in die Kamera.

Auch mit dem Finanzamt kämpft Frau Pietka. Spezialbekleidung für Rollstuhlfahrer wurde bisher immer als Hilfsmittel anerkannt, 2021 wurde der Antrag abgelehnt. Der Sachbearbeiter empfahl Frau Pietka, Widerspruch einzulegen. Das hat sie dann auch getan, allerdings ohne Erfolg. Sie fragt sich, warum ihr der Sachbearbeiter nicht gleich gesagt hat, dass ein Widerspruch nutzlos ist. Dann hätte sie wieder etwas Zeit gespart. Zeit, die sie mit Jakob hätte verbringen können. Arzttermine und den Kontakt zu Reha-Firmen
übernimmt ebenfalls Frau Pietka. Denn die Wohneinrichtung sei chronisch unterbesetzt und lange vereinbarte Termine könnten, wenn morgens ein Mitarbeiter fehle, nicht wahrgenommen
werden. Dann müsse man lange auf einen neuen Termin warten.

All diese Aufgaben seien auf die Dauer sehr kräftezehrend. „Irgendwann hat man keine Kraft und keine Energie mehr, es wird alles zu viel. Man investiert so viel und es bringt gar nichts“, stellt Frau Pietka fest. „Wir sind zwar prozentual gesehen ein kleiner Teil der Gesellschaft, aber wir sind trotzdem da. Da könnte man uns das Leben etwas leichter machen.“

Familie Pietka
Familie Pietka
Familie Pietka auf einem Selfie.

Dazu kommt noch, dass Familie Pietka mit der Wohnsituation ihres Sohnes nicht glücklich ist. Bereits seit zehn Jahren suchen sie vergeblich nach einer Alternative. Auch das ist frustrierend und zeitaufwendig. Zurzeit holen die Eltern ihren Sohn jeden Freitag von der Werkstatt ab und bringen ihn erst am Sonntagabend zurück in seine Wohneinrichtung. Das handhaben sie nicht so, weil sie ihr Kind unbedingt jedes Wochenende bei sich haben wollen. Sondern weil die Wohneinrichtung so schlecht besetzt sei,
dass es am Wochenende keine Angebote gebe, berichtet Frau Pietka.

Eigentlich habe Jakob ja ein gutes Leben, denn er habe eine tolle Werkstatt, die ihm viel Abwechslung und Förderung biete, und verbringe die Wochenenden bei seiner Familie. „Aber das geht zu unseren Lasten. Unser Sohn ist lange erwachsen, aber wir sind immer noch in der Pflicht in allen Belangen. Das ist eine Lebensaufgabe. Und für diese Situation gibt es in der Gesellschaft zu wenig Verständnis.“

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