Das Interview führte Annette Lantiat
Kurz und einfach
Es gibt bei der Lebenshilfe Köln Gewalt·schutz·botschafter.
Sie informieren Kunden der Wohn·angebote über das Thema Gewalt·schutz.
Sie beraten auch bei Gewalt·geschehen.
Thea Limberg ist Gewaltschutz·botschafterin.
Hier erzählt sie von ihrer Arbeit.
Gewaltschutz ist bei der Lebenshilfe Köln seit langem ein wichtiges Thema. Das Konzept zum Gewaltschutz ist in der Broschüre „Ein respektvoller Umgang miteinander“ zusammengefasst, die es auch in Leichter Sprache gibt. Speziell in der Gewaltprävention ausgebildete Mitarbeiter:innen dienen als Ansprechpartner und Multiplikatoren innerhalb der Lebenshilfe Köln. Seit über zwei Jahren gibt es darüber hinaus in unseren Wohnangeboten sogenannte Gewaltschutzbotschafter:innen. Sie sind direkte Ansprechpartner für die Kunden aus unseren Wohnangeboten und haben darüber hinaus die Aufgabe, in Fortbildungen Mitarbeiter aus der Sicht von Menschen mit Behinderung für das Thema Gewaltschutz zu sensibilisieren.
Thea Limberg ist eine von drei Gewaltschutzbotschaftern für unsere Wohnangebote im Kölner Norden. Gemeinsam mit André Carstensen, Fachbereichsleitung im Wohnhaus und Fachkraft für Schutz und Vorbeugung, berichtet sie über ihre Arbeit.
Für Thea Limberg hat alles mit einem Infoabend zum Thema Gewaltschutz für Interessierte aus mehreren
Lebenshilfen angefangen. Sie war eigentlich nur als Assistenz für einen Mitbewohner aus ihrer WG dabei.
„Aber dann hat mich das Thema auch interessiert. Ich habe mich gefragt, ob ich nicht auch mitmachen könnte,“ erinnert sie sich.
Nach dem Infoabend wurde von der Lebenshilfe NRW eine Wochenendfortbildung für Gewaltbotschafter und Schutzfachkräfte angeboten, sozusagen als Grundausbildung.
„Das Wochenende war schön, aber auch anstrengend,“ erinnert sich Thea Limberg. „Es ging auch um Geschichte - wie man früher mit Menschen mit Behinderung umgegangen ist und was sich geändert hat.“
Seitdem treffen sich die Gewaltschutzbotschafter alle sechs Wochen mit André Carstensen. Termine für die Treffen zu finden, ist nicht so einfach, weil alle berufstätig sind und auch in ihrer Freizeit noch Termine haben. Dennoch gefällt Thea Limberg die Arbeit als Gewaltschutzbotschafterin sehr. „Bei den Treffen lernen wir immer etwas dazu,“ sagt sie. Zum Beispiel hat sie gelernt, in welchen Formen Gewalt auftreten kann. „Neben Gewalt in der Pflege gibt es beispielsweise körperliche und verbale Gewalt. Mit Gewalt in der Pflege habe ich selbst keine Erfahrung. Ich glaube, am häufigsten kommt verbale Gewalt vor.“ Dafür
gibt sie auch gleich ein Beispiel. „Manchmal werde ich von Mitbewohnern angeschrien. Ich bekomme eine motzige Antwort, obwohl ich nur nett gefragt habe. Verbale Gewalt erlebe ich manchmal, ohne zu wissen, was ich falsch gemacht habe.“ Durch ihre Ausbildung und Tätigkeit hat Thea Limberg aber gelernt, mit solchen Situationen umzugehen. „Für mich ist es besser geworden, weil ich mit André darüber gesprochen habe. Generell wird es besser, wenn ich mit anderen über das spreche, was mich stört.“
Insgesamt ist ihr Selbstbewusstsein durch die Tätigkeit als Gewaltschutzbotschafterin gestiegen: „Früher dachte ich, ich habe eine Behinderung, ich darf vieles nicht entscheiden. Jetzt lerne ich, dass ich mit meiner Behinderung doch mehr entscheiden kann“, sagt sie und wirkt dabei sehr zufrieden.
Die Arbeit als Gewaltschutzbotschafterin bei der Lebenshilfe Köln ist übrigens kein Ehrenamt. „Mit dem Vorstand wurde besprochen, dass Arbeit, wenn sie auf Augenhöhe geleistet wird, auch entlohnt werden muss. Die Botschafter sind also Mitarbeiter der Lebenshilfe Köln, haben einen Vertrag und mussten auch ein Führungszeugnis vorlegen,“ erläutert André Carstensen.
Zur Zeit bereiten sich die Gewaltschutzbotschafter mit Rollenspielen auf erste Beratungseinsätze vor. Wie sie bei Gewaltgeschehen kontaktieren werden können, haben sie in einem selbst erstellten Merkblatt zusammengefasst. In der Regel wendet sich eine Mitarbeiter:in aus dem betroffenen Wohnprojekt per Mail an schtzfchkrftlbnshlfklnd. Die Botschafter besprechen dann mit André Carstensen, ob sie den Auftrag annehmen und wie sie mit der Situation umgehen möchten. Dann wird nach einem gemeinsamen Termin geschaut.
Außerdem wurde ein Konzept für eine Fortbildung für Mitarbeiter zum Thema „Gewalt in der Pflege und der Betreuung“ erstellt. Generell haben die Gewaltschutzbotschafter ein Mitspracherecht, wenn es um die Arbeitsweise bei den Treffen geht. „Wir haben die Rückmeldung gegeben, dass wir bei einem zweistündigen Treffen auch mal eine halbe Stunde Pause brauchen, damit wir ein bisschen durchatmen oder frische Luft schnappen können. Die Arbeit ist nämlich sehr anstrengend“, erläutert Thea
Limberg.
Kürzlich wurden die Botschafter auch zu einem Fachtag des Kinderschutzbundes zu dem Thema „Inklusive Schutzkonzepte“ eingeladen, der im Herbst stattfinden wird. Im Rahmen eines Workshops werden sie dort ihre Arbeit vorstellen.