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„Ich will mir nicht alles gefallen lassen!“

Laura Claire Loscheider berichtet über ihr politisches Engagement

aufgeschrieben von Annette Lantiat

Kurz und einfach

Laura Claire Loscheider engagiert sich in der Politik.
Sie ist Mitglied bei der Partei Volt.

Sie setzt sich für Menschen mit Behinderung ein. Besonders ärgert sie sich über die Situation in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Sie sagt: Die Beschäftigten können dort nicht genug mitreden. Die Werkstätten müssten mehr Beschäftigte auf den ersten Arbeits·markt vermitteln.

Den Bericht hat Frau Loscheider bei einem Interview im Mai 2024 diktiert.

Hinweis: Dies ist keine Werbung für die Partei Volt.
Die Lebenshilfe Köln ist über·parteilich.

Mein Name ist Laura Claire Loscheider. Der Rufname ist Laura, aber ich mag meinen Zweitnamen Claire eigentlich lieber, weil er nicht so häufig ist. Ich habe zwei ältere Brüder und wohne seit Oktober 2016 in der Netzestraße in einem Einzelapartment der Lebenshilfe Köln.

Ich bin in Müngersdorf auf die LVR Förderschule gegangen, da hat man schon automatisch einen Stempel. Einen Schulabschluss konnte man dort nicht machen und ich durfte auch nicht auf eine andere Schule gehen, um einen Abschluss zu machen. Da hat das schon angefangen im System zu drücken, dass man nicht selber bestimmen darf. Ich wäre gerne mit einer Freundin auf ein Internat gegangen, wo man auch einen Abschluss machen kann, aber ich konnte das nicht durchsetzen.

Zur Zeit arbeite ich noch auf einem betriebsintegrierten Arbeitsplatz der SBK bei IKEA Am Butzweiler Hof. Ich verräume dort Ware und mache etwas Kundenberatung. Im August beginne ich eine Ausbildung zur Hotelfachfrau in einem ganz normalen Hotel in Bonn. Ich kann es kaum erwarten, ganz aus der Werkstatt rauszukommen.

Ich habe eine rechtliche Betreuerin, die mir hilft, das Finanzielle zu klären. Meine Betreuerin ist für Behördenangelegenheiten zuständig. Sie erklärt mir, welche Hilfen ich in Anspruch nehmen kann. Sie ist super.

Seit April 2021 bin ich bei Volt.

Grund war, dass ich mir nicht immer alles gefallen lassen will, sondern mitreden möchte. Es bringt nichts, sich nur aufzuregen, man muss aktiv werden. Ich habe es einfach satt, über mich hinweg bestimmen zu lassen.

Auf Volt bin ich durch Zufall gekommen. Ich habe erst überlegt, zu den Grünen zu gehen, war mir aber nicht sicher. Dann habe ich mit jemandem über Politik geredet, der bei der letzten Kommunalwahl Volt gewählt hatte. Ich habe an „Meet and Greets“, also Treffen, von Volt teilgenommen. Die haben mich alle so genommen, wie ich bin, mir gut zugehört und mich toll unterstützt.

Meine Schwerpunkte sind soziale Themen, insbesondere die Behindertenpolitik, Barrierefreiheit und Inklusion. Ich bin von meiner Fraktion im Rat gewählt worden, zu den Sitzungen der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik zu gehen. Als beratendes Mitglied sitze ich in den Sitzungen auf der Seite der Politik.

Vor zwei Jahren war ich Kandidatin für den Landtag, zur Zeit kandidiere ich für den Europarat.

Die Kandidatur für den Landtag war eine schöne, aber auch anstrengende Erfahrung, weil ich einen schwierigen Wahlkreis hatte. Das war der Wahlkreis Chorweiler. Ich habe Wahlkampf auf der Straße gemacht, Plakate aufgehängt.

Im Wahlkampf kann man bei manchen heraushören, was sie wählen. Manchmal wusste ich, das ist einer, der AfD wählt oder einer, der CDU wählt. Mit AfD-Wählern zu diskutieren, bringt nichts, bei den anderen hat man vielleicht eine Chance. Die AfD erscheint zum Beispiel auch nicht bei den Sitzungen der Stadt AG Behindertenpolitik. Das zeigt, dass sie überhaupt kein Interesse an den Menschen haben.

Wir haben verschiedene Ausschüsse hier im Rat. Innerhalb der Ausschüsse gibt es verschiedene Arbeitskreise. Ich arbeite im Arbeitskreis Soziales mit. Unsere Meetings finden einmal pro Woche am Abend statt, meistens online. Mit dem Schichtdienst bekomme ich das leider nicht immer hin. Außerdem gehe ich zu Parteitagen.

2025 wird es wieder besonders spannend, da ist Kommunalwahl.

In der Politik kann ich den Menschen meine Themen näherbringen.

Laura Claire Loscheider berichtet über ihr politisches Engagement
Laura Claire Loscheider berichtet über ihr politisches Engagement
Portraitbild von Laura Claire Loscheider

Als ich bei Volt angekommen bin und mich immer sicherer gefühlt habe, haben mir meine Parteikollegen gesagt, dass ich ihnen die Augen geöffnet und eine neue Sichtweise gegeben habe. Auch unsere Bundesparteitage werden langsam inklusiver. Es wird verstärkt darauf geachtet, Barrieren abzubauen. Ich möchte für mehr Aufklärung sorgen, um so die Bereitschaft zu erhöhen, Menschen mit verschiedenen Behinderungen auch außerhalb einer Werkstatt eine Beschäftigung zu ermöglichen.

 Beispielsweise gibt es viele Unterstützungsangebote für Unternehmen, wenn sie Menschen mit Behinderung einstellen, aber ich glaube, das ist noch nicht bekannt genug. Und es gibt immer noch viele Vorurteile, auch wenn das niemand zugibt. Die Unternehmen zahlen in der Regel lieber Ausgleichsabgaben oder kaufen sich bei den Werkstätten frei.

Am meisten ärgere ich mich über die Situation in den Behindertenwerkstätten.

Dass man in der Werkstatt nicht wirklich mitbestimmen kann, dass die einen einfach irgendwohin stecken. Ich will weg und die wollen das nicht verstehen und meinen, besser wissen zu müssen, was für mich gut ist.

Meine Familie konnte ich überzeugen. Jetzt sehen sie ein, dass ich auch eine Chance habe. Ich habe ihnen
gesagt, ich will nicht mehr geschützt werden, sondern auch die Erfahrungen machen, die andere machen. Meine Brüder durften schließlich auch ihre Erfahrungen machen.

Die Werkstatt werde ich nicht vermissen, nur meine Kolleg:innen bei IKEA. Die Arbeit selbst auch nicht, denn an uns von der Werkstatt werden immer die Aufgaben abgeschoben, die niemand machen will. Unterirdisch ist die Bezahlung. Ich bekomme etwas mehr Entgelt, als wenn ich in der Werkstatt arbeiten würde, aber es reicht trotzdem nicht, um ohne Sozialhilfe auszukommen. Ich habe mit Werkstattentgelt und Grundsicherung zusammen weniger Geld als die Kolleg:innen, die bei IKEA angestellt sind, für die gleiche Arbeit.

Ich hätte mir gewünscht, bei IKEA die Ausbildung zu machen. Aber die sind der Meinung, ich bräuchte zu viel Unterstützung. Ich bin der Meinung, dass ich – zumindest beim praktischen Teil – nicht so viel Unterstützung bräuchte, eher in der Berufsschule. Die stellen mich immer so hilfsbedürftig dar, dabei bin ich das eigentlich gar nicht. Die sagen, die können nicht alles leisten, was ich brauche. Aber vielleicht brauche ich gar nicht so viel Unterstützung. Aber es ist nicht die Bereitschaft da, das auszuprobieren. In dem Hotel in Bonn habe ich mich ganz normal beworben. 

Ein Schulabschluss ist für die Ausbildung als Hotelfachkraft nicht gesetzlich vorgeschrieben. In dem Hotel setzen sie eher auf Praxiserfahrung und ich habe in einer berufsvorbereitenden Maßnahme schon im Hotel gearbeitet. Daher kenne ich schon einige Tätigkeiten wie Housekeeping, Service- und Küchenbereich.

Die Werkstatt hat mich bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle in keinster Weise unterstützt. Das haben meine Parteikolleg:innen getan. Die Werkstätten, die uns eigentlichen helfen sollten, uns auf dem ersten Arbeitsmarkt einzugliedern, machen das nicht. Stattdessen machen sie Außenarbeitsplätze. Die Vermittlungsquote auf den ersten Arbeitsmarkt liegt bei unter 1 %. Und die Werkstätten schieben die Verantwortung auf den IFD (Integrationsfachdienst) und umgekehrt. Für andere mag es toll sein, so lange in diesem Beschäftigungsverhältnis zu arbeiten, für mich nicht. Ich bin jetzt schon über drei Jahre bei IKEA und es geht nicht weiter. In anderen Ländern erfüllen Werkstätten ihren Auftrag besser.

Ich sehe die Chance, etwas zu verändern, in der Politik, wo wir heute noch nicht so viel mitreden können.

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