Das Interview führte Annette Lantiat
Kurz und einfach
Es gibt bei der Lebenshilfe Köln das Projekt Mit:mischen.
Mit:mischen will herausfinden, wie sich Menschen mit Behinderung bei der Lebenshilfe Köln noch besser beteiligen können. Sandra Lins und Daniel Iven machen bei Mit:mischen mit. Für diesen Artikel hat Annette Lantiat mit beiden gesprochen.
Im Mai 2021 wurde bei der Lebenshilfe Köln das Projekt „Mit:mischen“ ins Leben gerufen. Ziel des Projekts ist es, in einer inklusiven Arbeitsgruppe herauszufinden, wie die Möglichkeiten der Beteiligung und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung im Verein weiter verbessert werden können. Die Arbeitsgruppe hat sich seit ihrer Gründung regelmäßig ca. 8-mal pro Jahr getroffen. Im Februar 2024 hat die Arbeitsgruppe ihre Empfehlungen zur Verbesserung der Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung an den Vorstand und den Aufsichtsrat gegeben.
Sandra Lins und Daniel Iven, beide Mitglieder unseres Lebenshilfe-Rats,
sind von Anfang an dabei. Ich habe gefragt, warum sie an dem Projekt
mitarbeiten und wie sie die Arbeitsweise und die bisherigen Ergebnisse
einschätzen.
Sandra Lins kann sich noch gut erinnern, wie das
Projekt gestartet hat. „Christian Huppert besuchte Anfang 2020 den
Lebenshilfe-Rat. Er hat berichtet, dass es bei der Lebenshilfe Köln eine
Arbeitsgruppe geben soll, die sich noch intensiver mit dem Thema
Selbstvertretung beschäftigt. Der Name der Gruppe Mit:mischen kam erst
später. Den haben wir uns in der Gruppe selbst ausgedacht. Ich wollte
sofort mitmachen. Durch Corona hat sich dann alles noch etwas
verzögert.“
Auch Daniel Iven war damals sofort interessiert. „Ich
fand es sehr spannend, was da so besprochen werden sollte bei dem
Projekt. Weil man sich da für Menschen mit Behinderung einsetzt und
schaut, was man noch besser machen kann.“
Ein weiterer Grund mitzumachen, war für beide ein engerer Austausch mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat.
Daniel Iven erinnert sich: „Am Anfang haben wir uns wegen Corona per Zoom getroffen. Die Treffen fand ich manchmal schwer zu verstehen, besonders weil wir uns noch gar nicht kannten. Die Treffen danach in der Geschäftsstelle fand ich sehr schön. Es gab immer ein
großes Plakat mit den Themen des Tages. Manchmal gab es Filme. Und immer eine Präsentation.“
Sandra Lins fand besonders die Besuche von Selbstvertreter:innen anderer Lebenshilfen spannend. Einen der Gäste, Max Haberland, Vorstandsmitglied der Lebenshilfe Aachen, kannte sie schon aus dem Lebenshilfe-Rat NRW. „Der sagt immer klar und deutlich, was er denkt. Mit ihm kann man auch über Probleme in Werkstätten reden. Genau wie Sascha Ubrig (Anm.d.Red.: Hauptamtlicher Selbstvertreter bei der Lebenshilfe Berlin) bearbeitet er ja nicht nur Themen der Lebenshilfe. Sascha redet zum Beispiel viel von der Stadt Berlin und Max von den Werkstätten, wie man da zu seinen Rechten kommt. Ich finde, man kann von beiden lernen. Sie sind sehr kritisch, sie sind nicht so vorsichtig, sondern sagen sofort ihre Meinung.“
Grundsätzlich ja, da sind sich beide einig, allerdings mit einer Einschränkung in Bezug auf die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe. Sandra Lins hätte es gut gefunden, wenn mehr Menschen mit Beeinträchtigung dazu gekommen wären. Daniel Iven hätte sich eine stärkere Beteiligung von jungen Menschen gewünscht.
Sandra Lins und Daniel Iven sind beide der Meinung, dass die Treffen am Samstag besser waren als diejenigen, die unter der Woche abends stattgefunden haben. „Nach einem langen Arbeitstag möchte man manchmal abends lieber zu Hause sein. Wenn man sich nur für zwei Stunden trifft, kommt man nicht richtig weiter. Für Gruppenarbeit ist dann nicht genug Zeit und auch nicht, um am Ende von einem Treffen noch die Ergebnisse zusammenzufassen. Treffen von 10 bis 14 Uhr sind deshalb eine gute Idee. Da können wir Pausen machen und auch zusammen essen. Das Catering vom Café Wo ist Tom? war immer toll,“ meint Sandra Lins. Daniel Iven merkt außerdem an: „Manchmal war es für mich bei den Treffen ein bisschen viel Text. Da verstehe ich dann nicht alles.“
Das Ergebnis von Mit:mischen ist Stand Februar 2024, dass die Arbeitsgruppe dem Vorstand und dem Aufsichtsrat zwei Vorschläge gemacht hat, wie die Beteiligung von Menschen mit Beeinträchtigung bei der Lebenshilfe verbessert werden könnte.
Die eine Möglichkeit ist, dass ein Mensch mit Behinderung hauptamtlich als Selbstvertreter bei der Lebenshilfe Köln arbeitet. Die andere Möglichkeit, dass ein Mensch mit Behinderung in den Aufsichtsrat der Lebenshilfe Köln gewählt wird.
Daniel Iven und Sandra Lins wünschen sich beide, dass ein Mensch mit Behinderung im Aufsichtsrat vertreten sein soll. Denn so funktioniert Mitbestimmung auch bei den meisten anderen Lebenshilfen.
Am liebsten hätten sie aber zusätzlich eine/n hauptamtliche/n Selbstvertreter:in bei der Lebenshilfe Köln. Zwischen dem Mitglied des Aufsichtsrats, dem hauptamtlichen Selbstvertreter und dem Lebenshilfe-Rat sollte es einen ständigen Austausch geben.
Darüber hinaus haben beide einen weiteren Wunsch:
Sich bei der Lebenshilfe Köln auch für Themen einzusetzen, die über den Verein hinausgehen.
„Ich finde es wichtig, dass wir uns dafür einsetzen, dass Menschen mit Behinderung überall teilhaben können“, meint Daniel Iven.
Sandra Lins fügt hinzu: „Wir sind, glaube ich, der einzige Lebenshilfe-Rat, der nur vom Verein spricht. Die anderen Lebenshilfe-Räte reden über Themen darüber hinaus. Ich finde allgemeine Themen sehr wichtig. Zum Beispiel die Rechte von Werkstattmitarbeiter:innen. Oder das Thema Barrierefreiheit. Deshalb ist es wichtig, dass wir eng mit der politischen Selbstvertretung von Menschen mit Lernschwierigkeiten in Köln zusammenarbeiten. Ich würde
auch Menschen mit Behinderung den Rat geben, die AfD nicht zu wählen. Eine Demo würde ich auch mitmachen. Für Menschen mit Behinderung und ihre Rechte!“