Von Petra Wagener und Silke Mertesacker
Liebe Vereinsmitglieder und Freunde der Lebenshilfe Köln,
dieses Jahr stehen Menschen mit Komplexer Behinderung im Mittelpunkt unseres Kontakte-Magazins. Gerade in einer Zeit, die geprägt ist von Krisen und Zukunftsängsten, scheint es uns besonders wichtig, für eine Gesellschaft zu kämpfen, die alle Menschen im Blick hat – auch diejenigen, die vermeintlich nicht in unsere Leistungsgesellschaft passen und auf vielfältige Unterstützung angewiesen sind.
Wer sind eigentlich Menschen mit Komplexer Behinderung? Warum verwenden wir diesen Begriff und was sagt er über unsere Haltung aus? Wir freuen uns sehr, dass Frau Prof’in Fornefeld, die den Begriff der „Komplexen Behinderung“ geprägt hat, ihn in diesem Magazin noch einmal erläutert und einordnet.
Mit unserem Kontakte-Magazin möchten wir dazu beitragen, Menschen mit Komplexer Behinderung sichtbar zu machen und ihnen ein Gesicht zu geben, denn sie werden in unserer Gesellschaft häufig vergessen. Das bestätigen auch die Erfahrungen der Familien, mit denen wir für dieses Magazin sprechen durften. Die Corona-Pandemie hat bei vielen von ihnen das Gefühl, im Stich gelassen und nicht gesehen zu werden, noch verstärkt.
In einigen Beiträgen dieses Magazins wird deutlich, wie wichtig die Rolle der Eltern im Leben von Menschen mit Komplexer Behinderung ist, auch wenn diese schon lange erwachsen sind. Häufig übernehmen Eltern die gesetzliche Betreuung für ihre Kinder und erleben sich als lebenslange Kümmerer. Sich im Dschungel des Sozialrechts zurechtzufinden, Ansprüche geltend zu machen, bei Ämtern Widersprüche gegen ungerechte Entscheidungen einzulegen, überschreitet häufig die Kräfte der ohnehin stark belasteten Eltern. Hinzu kommt die Sorge, keine angemessenen Betreuungsangebote oder medizinische Versorgung zu finden. Auch wenn alle Eltern sich eine positive Ablösung wünschen, gelingt diese häufig nur eingeschränkt, weil der komplexe Unterstützungsbedarf in Facheinrichtungen nicht
vollständig gedeckt werden kann. Besonders schlimm ist es, wenn Menschen mit Komplexer Behinderung aufgrund von Verhaltensbesonderheiten vom Schul- bzw. Werkstattbesuch ausgeschlossen werden und auch kein passendes Wohnangebot finden. Oder wenn Menschen, deren Pflegebedarf für eine Einrichtung der Eingliederungshilfe zu komplex ist, in ein Pflegeheim umziehen müssen, wo es zu wenig Förderung und Anregung gibt.
Gerade für uns als Lebenshilfe ist es ein wichtiges Ziel, Facheinrichtungen und -angebote so zu gestalten, dass alle Menschen vollumfänglich teilhaben können. Die Lebenshilfe Köln hat eine Vielzahl von Angeboten für Kinder, Jugendliche und erwachsene Menschen mit Komplexer Behinderung und wir freuen uns, Ihnen in diesem Magazin einige Einblicke geben zu können. Leider übersteigt in allen Bereichen die Nachfrage bei weitem das Angebot. Das liegt vor allem daran, dass es im Moment sehr schwierig ist, neue Mitarbeiter:innen zu finden. Gerade die Unterstützung und Begleitung von Menschen mit Komplexer Behinderung erfordert aber die Zusammenarbeit von vielen qualifizierten und engagierten Fachkräften. Wir haben bereits Maßnahmen ergriffen, um dem Mitarbeiter:innenmangel entgegenzuwirken. Beispielsweise bilden wir verstärkt selbst aus bzw. sind Ausbildungspartner bei dualen Ausbildungsprogrammen.
Wenn Sie selbst aktiv werden möchten, um die Situation von Menschen mit Komplexer Behinderung zu verbessern, haben wir diese Vorschläge für Sie:
Gemeinsam mit unseren Mitgliedern und einem engagierten Team von Mitarbeiter:innen können wir dazu beitragen, dass die Bedürfnisse und Rechte von Menschen mit Komplexer Behinderung in den aktuellen Debatten und Diskussionen zu Inklusion und gleichberechtigter Teilhabe nicht vergessen werden.
Wir danken allen, die uns über ihr Leben und ihre – häufig schmerzhaften – Erfahrungen berichtet haben.